26. August 2015 | Oliver Rossbach

Medienberichten zufolge hat sich Bayer 04 Leverkusen in einem Vergleich mit dem Insolvenzverwalter seines ehemaligen Sponsors Teldafax auf eine Rückzahlung erhaltener Gelder in Höhe von 13 Millionen Euro geeinigt. Was war passiert, kann dies anderen Unternehmen auch blühen, und wie kann man sich davor schützen?

Hintergrund

Schenkt man den Medienberichten Glauben, ist der Befund so traurig wie eindeutig: Bayer 04 wurde vorgeworfen, zu lange mit seinem inzwischen insolventen Sponsor Teldafax, dem ehemals größten deutschen Billigstromanbieter, zusammengearbeitet zu haben. Und damit offenbar Sponsorengelder von Teldafax selbst dann noch entgegen genommen zu haben, als der Club die Zahlungsunfähigkeit seines Sponsors längst hätte erkennen können. So hatte der Insolvenzverwalter von Teldafax Bayer 04 im April 2013 vor dem Landgericht Köln auf Rückzahlung erhaltener Sponsorengelder in Höhe von 16 Millionen Euro verklagt. Auf ein Urteil im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Köln wollten es beide Seiten dann offenbar doch nicht ankommen lassen und verglichen sich. Auf 11 Millionen Euro plus 2 Millionen Euro Zinsen, wie man lesen konnte. Ein bereits von der Vorinstanz vorgeschlagener Vergleich über 7,3 Millionen war hingegen nicht zustande gekommen.

Vorsatzanfechtung

Bayer 04 ist damit offensichtlich „Opfer“ einer Regelung in der deutschen Insolvenzordnung (InsO) geworden, die in letzter Zeit wegen ihrer großen Reichweite stark in die Kritik geraten ist: Der in § 133 InsO geregelten sogenannten Vorsatzanfechtung. Dazu muss man wissen, dass ein Insolvenzverwalter grundsätzlich die Möglichkeit – und bei Aussicht auf Erfolg auch die Pflicht (!) – hat, alle vor Insolvenzantrag getätigten Handlungen des Insolvenzschuldners anzufechten, die die Gläubigergemeinschaft benachteiligen. Denn die grundsätzliche Gleichbehandlung aller Gläubiger ist oberstes Ziel jedes Insolvenzverfahrens. Anfechtungsgegner ist in aller Regel derjenige, der durch die angefochtene Zahlung zu Lasten der übrigen Gläubiger begünstigt wurde. Der Vorsatzanfechtung liegt der Gedanke zugrunde, dass derjenige, der bei der Entgegennahme einer Zahlung seines Schuldners weiß, dass dadurch andere Gläubiger dieses Schuldners leer ausgehen, diese Zahlung nicht behalten darf, sondern sie an die Masse – und damit zu Gunsten aller Gläubiger – zurückzahlen muss.

Tückische Vermutungsregel

Dieses Wissen – und das ist das tückische an der Vorsatzanfechtung – wird vermutet, wenn der Anfechtungsgegner Umstände kennt, die zwingend auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit schließen lassen. Indizwirkung haben hierbei insbesondere folgende Umstände:

  • Verbindlichkeiten des Schuldners sind bei dem späteren Anfechtungsgegner über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen worden und dem Anfechtungsgegner musste bewusst sein, dass es noch andere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gab.
  • Rückgabe von Lastschriften.
  • Stundungsbitten oder Ratenzahlungsvereinbarungen.

Ist die Vermutung erfüllt, muss der Anfechtungsgegner beweisen, dass er keine Kenntnis hatte.  Das ist nichts anderes als eine Beweislastumkehr zu Lasten des Anfechtungsgegners und zu Gunsten des Insolvenzverwalters. Der Beweis kann für den Anfechtungsgegner sehr schwierig sein. Und hinzu kommt noch, dass Zahlungen der letzten 10 Jahren vor Insolvenzeröffnung angefochten werden können.

Gesetzesreform

Die Regelung und ihre exzessive, teils auch unberechtigte Anwendung durch die Insolvenzverwalter   ist stark kritisiert worden und Gegenstand einer Gesetzesreform. Zwar will die vorgeschlagene Neuregelung die bisherige Grundstruktur der Vorsatzanfechtung unberührt lassen. Jedoch soll teilweise ein deutlich verkürzter Anfechtungszeitraum von vier Jahren gelten. Zudem soll klargestellt werden, dass allein die Bitte des Schuldners um eine Ratenzahlung oder Stundung nicht zum Anknüpfungspunkt für die Begründung des Anfechtungsanspruches gemacht werden kann. Auch soll sich der Gläubiger darauf verlassen können, dass keine Vorsatzanfechtung droht, wenn er durch Zugeständnisse ernsthafte Sanierungsbemühungen des Schuldners unterstützt.

Schutz von Anfechtungsansprüchen

Ist nun ein Unternehmen bis zur Umsetzung der Reform hilflos? Mitnichten. So ist zu beobachten, dass Insolvenzverwalter in ihren Anspruchsschreiben gern einfach schematisch Indizien auflisten, um einen Anfechtungsanspruch zu begründen, auch wenn einzelne dieser Indizien in dem konkreten Fall gar keine Rolle spielen. Zudem können diese Indizien oftmals durch belastbare Gegenindizien zu Fall gebracht werden. Dabei können sich die Anfechtungsgegner auf den Bundesgerichtshof stützen, der in seinen Urteilen immer wieder darauf hinweist, dass sämtliche Umstände des Einzelfalls zu prüfen sind und einzelne Indizien für sich genommen nicht ausreichen.

Entscheidend ist aber, sich als Unternehmen bereits in der Krise seines Geschäftspartners so zu verhalten, dass man einem späteren Insolvenzverwalter möglichst wenig Angriffsfläche bietet. Dies bedeutet insbesondere Folgendes:

  • In der Kommunikation zwischen Gläubiger und Schuldner sollten Drohungen mit Insolvenzanträgen oder negative Kommentare über die Solvenz des Schuldners vermieden werden.
  • Bei Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung sollte der Gläubiger auf die Erklärung des Schuldners drängen, er sei infolge der Ratenzahlungsvereinbarung in der Lage, seine zukünftig fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.
  • Der Gläubiger sollte sich Sanierungsbemühungen des Schuldners nachweislich erklären und belegen lassen.
  • Der Gläubiger sollte positive Aussagen Dritter (z.B. Kreditversicherer) über die Solvenz des Schuldners aufbewahren.
  • Und, wenn möglich, sollte der Gläubiger Bürgschaften oder Garantien Dritter einfordern, denn diese schützen auch in der Insolvenz des Schuldners.

Damit können Sie eine Vorsatzanfechtung nicht ausschließen, aber Ihr Risiko deutlich reduzieren.