3. März 2017 | Oliver Rossbach

Die Haftung einer Muttergesellschaft („Patron“) aus einer harten Patronatserklärung lebt wieder auf, wenn der begünstige Dritte („Gläubiger“) zwar zunächst von der Tochtergesellschaft des Patrons befriedigt worden ist, die erhaltenen Zahlungen insolvenzanfechtungsbedingt aber wieder zurückzahlen muss. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem neuen Beschluss vom 12. Januar 2017 (IX ZR 95/16) entschieden.

Zugrunde liegender Fall

Der Gläubiger belieferte die Tochtergesellschaft des Patrons („Schuldnerin“) mit Gas und ließ sich seine Zahlungsansprüche gegen die Schuldnerin durch eine externe, an ihn gerichtete harte Patronatserklärung des Patrons absichern. Die Patronatserklärung lautete: „Wir, die alleinige Gesellschafterin der [Schuldnerin], verpflichten uns hiermit, der [Schuldnerin] die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, dass sie ihrerseits den vertraglichen Verpflichtungen gemäß dem mit ihrem Haus vereinbarten Zahlungsplan einhalten kann.“  

In der Folge wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Der bestellte Insolvenzverwalter focht die Zahlungen, die die Schuldnerin an den Gläubiger geleistet hatte, an. Der Gläubiger zahlte im Vergleichswege einen Betrag von EUR 2 Mio. an den Insolvenzverwalter zurück. Daraufhin wandte sich der Gläubiger an den Patron und verlangte von ihm Zahlung in derselben Höhe.

Entscheidung des BGH  

Der Gläubiger bekam bereits vom OLG Dresden Recht zugesprochen. Die danach beim BGH eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Patrons blieb erfolglos. Zur Begründung heißt es im Beschluss des BGH:

  • Eine harte Patronatserklärung statuiert eine rechtsgeschäftliche Einstandspflicht des Patrons gegenüber dem Adressaten der Erklärung.
  • Im Falle einer externen Patronatserklärung einer Muttergesellschaft für die Verbindlichkeiten ihrer Tochtergesellschaft bedeutet dies, dass die Muttergesellschaft dem Gläubiger neben der Tochtergesellschaft für dieselbe Leistung in vollständiger Höhe haftet.
  • Hat die Tochtergesellschaft den Gläubiger befriedigt, sind die Zahlungen aber wirksam angefochten worden, wandelt sich der Anspruch des Gläubigers gegen den Patron auf finanzielle Ausstattung der Tochtergesellschaft in einen direkten Schadensersatzanspruch des Gläubigers gegen den Patron um.
  • Seiner Pflicht zur Direktzahlung an den Gläubiger kann der Patron nicht entgegenhalten, er sei seinen Verpflichtungen aus der Patronatserklärung durch Zahlung an seine Tochtergesellschaft bereits nachgekommen. Denn seine schadensbegründende Pflichtverletzung liegt darin, dass er seine Tochtergesellschaft gerade nicht in ausreichendem Maße finanziell ausgestattet hat.

Im Übrigen hat der BGH noch einmal deutlich klargestellt, dass die Kündigung einer zeitlich unbefristeten Patronatserklärung zwar vereinbart werden kann, in jedem Fall aber nur für die Zukunft wirkt. Mit anderen Worten: Der Patron hat für sämtliche während der Laufzeit seiner Erklärung entstandenen Verbindlichkeiten auch nachträglich aufzukommen.

Handlungsempfehlung

Aus Sicht des Patrons hat sich hier das Risiko verwirklicht, dass eine interne Mittelzufuhr an seine Tochtergesellschaft nicht zur Befriedigung von deren Gläubiger geführt hat, so dass der Patron am Ende doppelt zahlen musste. Um dieses Risiko auszuschließen, sollte ein Patron in vergleichbaren Fällen direkt an den Gläubiger der Tochtergesellschaft zahlen. Außerdem sollte er die Patronatserklärung entweder befristen oder mit einem Kündigungsrecht versehen, sich dabei aber im Klaren darüber sein, dass solche zeitlichen Begrenzungen keine Rückwirkung haben. Sie können die Einstandspflicht des Patrons nur für die Zukunft beseitigen.

Dr. Oliver Rossbach