27. Januar 2017 | Stephan R. Göthel

Kultur und Sprache sind eng miteinander verflochten. Sie beinflussen uns täglich. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie mit einer anderen Kultur und Sprache zusammentreffen. Im Wirtschaftleben ist dies etwa bei M&A-Transaktionen mit internationalem Bezug der Fall, wie beispielsweise bei dem geplanten Zusammenschluss von Linde mit dem US-Konkurrenten Praxair oder dem Erwerb des US-Unternehmens Monsanto durch Bayer. Die Zahl grenzüberschreitender Transaktionen nimmt zu. Beschränkt ist diese Entwicklung keinesfalls auf größere Unternehmen, sondern erfasst auch kleinere und mittlere Unternehmen. Neben den rechtlichen Herausforderungen, die dabei zu meistern sind, ist die Kenntnis kultureller und sprachlicher Besonderheiten internationaler Transaktionen für den Verhandlungserfolg entscheidend.

Kulturelle Unterschiede

Das Zusammentreffen verschiedener Rechts- und insbesondere Vertragskulturen bringt zwangsläufig Reibungen mit sich, die teilweise im rechtlichen Bereich, nicht selten aber auch an der Schnittstelle zur (Verhand­lungs‑)Psy­chologie liegen. Um nur ein besonders bekanntes Phänomen zu nennen, sei auf die sehr unterschiedlichen Gepflogenheiten bei der Aus­führlichkeit von Ver­trägen hingewiesen. Während kontinentaleuropäische Vertragsjuristen traditio­nell (und auch heute noch) eher die knappe und abstrakte Form bevorzugen, neigen ihre anglo-amerikanischen Kollegen zu wesentlich stärkerer Ausführlichkeit und Vollständigkeit.

Es lassen sich weitere Beispiele nennen. So waren die aus dem anglo-ame­ri­kani­schen Recht des Unternehmenskaufs stammenden Institute der Due Diligence, des Closing, der Legal Opinion oder des Disclosure Letter bei uns zunächst unbekannt. Sie fanden erst unter dem Einfluss der US-amerikanischen Kautelar­praxis Eingang in das kontinentale Recht des Unternehmenskaufs. Es muss nicht betont werden, wie wichtig es ist, mit der fremden Rechts- und Vertragskultur und mit den fremden Rechtsinstituten vertraut zu sein, um in den Vertragsverhand­lungen sowie bei der Ausarbeitung und dem Abschluss des Vertrags angemessen agie­ren zu können.

Exemplarisch herausgegriffen sei außerdem das bei internationalen Transaktionen häufig unterschiedliche Verständnis der Bedeutung von Signing und Closing. Nach deutschem Verständnis ist die Unterzeichnung des schuldrechtlichen Kaufvertrags (Signing) der entscheidende Schritt einer Transaktion, zu dem diese bereits in ihren Einzelheiten feststeht und insbesondere die Due Diligence bereits abgeschlossen ist. Dagegen ist das Signing nach anglo-amerikanischem Verständnis nur ein – wenngleich wichtiger – Zwischenschritt, dem noch entscheidende Schritte bis zum Closing folgen, wie eben häufig der Abschluss einer aus Sicht des Käufers oder Investors zufriedenstellenden Due Diligence. Daher sollte zwar ein deutscher Verkäufer Verständnis für die anglo-amerikanische Position entwickeln, aber insbesondere gleichzeitig dem anglo-amerikanischen Partner das deutsche Verständnis des Signing erläutern.

Sprache

In der internationalen Transaktionspraxis ist die englische Sprache ganz herr­schend. Dies gilt auch dann, wenn der Vertrag einem nicht-englischsprachigen Recht unterworfen wird. In diesem Fall ist es wichtig sicherzustellen, dass die jeweiligen deutschen Rechtsinstitute oder Rechtsbegriffe bei ihrer englischen Um­schreibung möglichst genau wiedergegeben werden. Nur so lassen sich später ab­weichende Interpretationen und Missverständnisse ausschließen. Die vorzugswürdige Lösung ist, die Bezeichnungen der jeweiligen nationalen Rechtsins­ti­tute und Rechtsbegriffe in einem Klammerzusatz in der Landessprache hinter die englische Umschreibung zu setzen und/oder auf die einschlägige deutsche Vorschrift zu verweisen. Die Kunst liegt auch hier wiederum darin, gegenseitiges Verständnis für die jeweilige Vorgehensweise zu schaffen. Dies gilt insbesondere aus deutscher Sicht dann, wenn deutsche Begriffe in einen englischsprachigen Vertrag aufgenommen werden sollen und der Vertragspartner der deutschen Sprache nicht mächtig ist.

Handlungsempfehlung

Internationale Unternehmenskäufe berühren zahlreiche Themen, die sich bei rein nationalen Transaktionen nicht stellen. Hierbei geht es nicht nur um Rechtsfragen, sondern vielfach auch um kulturelle Unterschiede. Letztere zu überbrücken ist häufig der Schlüssel zum Erfolg, mit dem sich auch die rechtlichen Themen lösen lassen. Entscheidend ist damit, die Position seines Gegenüber zu verstehen und aufeinander zuzugehen. Denn das gemeinsame Ziel ist stets der erfolgreiche Abschluss der Transaktion. Und der kommt nur miteinander, nicht gegeneinander zustande.