15. Oktober 2016 | Oliver Rossbach

Die Vertragsdokumentation von Akquisitionsfinanzierungen – wie von Unternehmensfinanzierungen insgesamt – hat sich im Laufe der Zeit immer stärker einheitlichen Standards angenähert. Maßstab in Europa sind die von der britischen Loan Market Association (LMA) entwickelten und gepflegten Vertragsmuster. Alle diese Vertragsmuster sind für internationale Finanzierungen konzipiert und daher in englischer Sprache verfasst. Doch auch die regelmäßig in deutscher Sprache abgefasste Vertragsdokumentation für deutsche inländische Akquisitions- und sonstige Unternehmensfinanzierungen folgt mittlerweile ganz überwiegend der LMA-Musterdokumentation. Auch wenn sich in Abhängigkeit von der jeweiligen Finanzierungstransaktion die Regelungsdichte der Verträge erheblich voneinander unterscheidet, ist ihr Aufbau in den wesentlichen Punkten identisch.

Vertragsaufbau

Die Orientierung an den englisch-rechtlichen Leitmustern führt dazu, dass auch deutsch-rechtliche Verträge der typischen angelsächsischen Dokumentationspraxis folgen, deren wesentliche Charakteristika die folgenden sind: ein vorgeschalteter Definitionsteil, die konsequente Verwendung der Definitionstechnik im Rahmen des Vertrages, ein modularer Vertragsaufbau und möglichst abschließende Regelungen im Vertrag selbst ohne das Erfordernis eines Rückgriffs auf Gesetze oder Fallrecht.

Dieses Prinzip der abschließenden vertraglichen Regelung mag den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen fremd sein. Es dient aber dem ganz praktischen Bedürfnis, Vertragsparteien aus ganz unterschiedlichen Jurisdiktionen auf der Grundlage einer alle wesentlichen Aspekte im Vertrag selbst regelnden Dokumentation zusammenzuführen. Detailkenntnisse des zugrunde liegenden Rechts sind somit nur sehr eingeschränkt erforderlich. Die vereinheitlichte Grundstruktur dient vor allem auch der Steigerung der Handelbarkeit der Kredite (credit trading). Den Marktteilnehmern des Syndizierungsmarktes soll die Erfassung des Vertragsinhalts erleichtert und bei gewissen Klauseln ein möglichst einheitlicher Standard geboten werden.

Wichtige Regelungsgegenstände eines Senior-Kreditvertrags

  • Im Anschluss an einen Definitionsteil regelt der Senior-Kreditvertrag zunächst, welche Kreditarten der Kreditgeber dem Kreditnehmer bis zu welcher Höhe auf Abruf zur Verfügung stellt (Kreditlinien, Credit Facilites oder Loan Facilities). Dabei handelt es sich regelmäßig um eine Kombination mehrerer Gelddarlehen in Form von Laufzeitkrediten (Term Loan Facilities) und Betriebsmittellinien (Revolving Credit Facilities) sowie Haftungskrediten, insbesondere Avalen.
  • Verwendungszweck: Ebenso wie bei anderen Formen von Investitionskrediten ist auch bei Akquisitionskrediten die Vereinbarung einer strengen Zweckbindung der Kreditmittel üblich.
  • Auszahlungsvoraussetzungen und Inanspruchnahme: Bevor der Kreditnehmer den Kredit erstmalig in Anspruch nehmen („ziehen“) kann, muss er regelmäßig eine Reihe von Bedingungen (conditions precedent) erfüllen. Die Inanspruchnahme des Darlehens erfolgt durch Übersendung einer Ziehungsnachricht (Drawdown Notice oder Utilisation Request).
  • Laufzeit und Verfügbarkeit: Die durch den Krediteröffnungsvertrag eingeräumte(n) Kreditlinie(n) und die durch Abruf entstehenden Einzelkredite haben jeweils eigene Laufzeiten. Allerdings sind die beiden Laufzeiten insofern aneinander gekoppelt, als die Laufzeit eines Einzelkredits diejenige der zugrunde liegenden Kreditlinie nicht übersteigen darf. Zu unterscheiden von der Laufzeit der Kreditlinie(n) ist der Zeitraum, währenddessen der Kreditnehmer berechtigt ist, einen Einzelkredit abzurufen, d.h. die Verfügbarkeitsdauer der Kreditlinie(n) (Availability Period).
  • Tilgung: Hier sind Regelungen über die Regeltilgung, Pflichtsondertilgungen bei Eintritt gewisser Ereignisse (z.B. Excess Cash, Assetverkauf) und Freiwillige Sondertilgungen enthalten.
  • Zinsen: Der Zinssatz kann fest oder variabel vereinbart werden, wobei ein variabler Zinssatz die Regel ist. Der Zins setzt sich gewöhnlich aus einem Referenzzinssatz (EURIBOR oder LIBOR) zuzüglich einer Marge und gegebenenfalls bestimmter Kosten zusammen.
  • Marktstörung“ (Market Disruption): Davon wird gesprochen, wenn sich der Kreditgeber nicht mehr oder nicht kostendeckend refinanzieren kann. Hierzu finden sich üblicherweise Regelungen, nach denen die Vertragsparteien sich verpflichten, (befristete, z.B. 30-tägige) Verhandlungen über eine alternative Berechnung des Zinssatzes zu führen.
  • Gebühren und Kosten: Für die Arrangierung, Bearbeitung und Zurverfügungstellung eines Kredits verlangen Banken in der Regel eine Reihe von Gebühren.
  • Steuerliche Regelungen und Kostenerhöhungsklauseln: Aus Sicht der Bank sind alle unter dem Kreditvertrag geschuldeten Beträge Nettokreditbeträge. Daher wird vereinbart, dass der Kreditnehmer gegebenenfalls seine Zahlung soweit erhöhen muss, dass der Kreditgeber nach Abzug eventuell anfallender Quellen- oder sonstiger Abzugssteuern oder Kosten den vertraglich geschuldeten Betrag erhält.
  • Zusicherungen: Die Bank trifft jede Kreditentscheidung aufgrund einer Kreditrisikoprüfung, die auf einem von der Bank angenommenen Sachverhalt (vor allem im Hinblick auf rechtliche und tatsächliche Umstände, die die Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers betreffen) beruht. Trifft dieser Sachverhalt von Anfang an nicht zu oder ändert er sich später, ändert sich die Geschäftsgrundlage für die Kreditgewährung der Bank. Zusicherungen (Representations) dienen der vertraglichen Fixierung der für die Bank wesentlichen Umstände ihrer Kreditentscheidung. Die Unrichtigkeit einer Zusicherung kann zu einem außerordentlichen Kündigungsrecht der Bank führen.
  • Auflagen: Auflagen (Undertakings oder Covenants) finden sich in Form von Informationspflichten (Information Undertakings), Verpflichtungen zur Einhaltung von Finanzkennzahlen (Financial Covenants) und Allgemeinen Verpflichtungen (General Undertakings). Verletzt der Kreditnehmer eine Verpflichtung, hat die Bank in der Regel das Recht, den Kredit zu kündigen oder Nachbesicherung zu verlangen.
  • Kündigungsrechte: Ordentliche und außerordentliche Kündigungsrechte der Bank können sich aus dem Gesetz, den AGB der Kreditinstitute und dem Kreditvertrag ergeben. Hingegen sehen die Unternehmenskredite keine individualvertraglichen Kündigungsrechte für den Kreditnehmer vor. Diesem wird jedoch grundsätzlich das Recht eingeräumt, den Kredit jederzeit vor seiner Fälligkeit zurückzuzahlen.

Abschließend finden sich typischerweise Regelungen hinsichtlich der Rechte, Pflichten und Haftung des Agenten, eine Syndizierungsklausel zur Regelung der Abtretung bzw. Vertragsübernahme von Kreditteilen sowie eine Gerichtsstands- und Rechtswahlklausel.

Dr. Oliver Rossbach