10. Juni 2015 | Stephan R. Göthel

Auf die Plätze, fertig, Start-up! (Teil 1: Wahl der Gesellschaftsform)

Die Geschäftsidee ist da. Und nun? Jeder Gründer weiß, dass es nicht auf die Idee, sondern die Umsetzung ankommt. Welche rechtlichen Herausforderungen sind zu bewältigen, um die Idee zu verwirklichen und ein blühendes Unternehmen aufzubauen? Hierbei geht es nicht nur darum, das Hier und Jetzt zu bedenken, sondern ebenso darum, so früh wie möglich den Grundstein für die kommenden Jahre zu legen. Viele wichtige Rechtsfragen aus verschiedenen Bereichen sind zu bedenken. Wir greifen uns drei wichtige Themen heraus, die wir in einer kurzen Serie behandeln werden. In vorliegenden Teil wird die Wahl der Gesellschaftsform behandelt. In den nachfolgenden Teilen zunächst die Finanzierung und anschließend die Vertragsgestaltung.

Wahl der Gesellschaftsform

Eine der ersten unternehmensrechtlichen Herausforderungen ist die Wahl der richtigen Gesellschaftsform. Für das wirtschaftliche Vorhaben muss das passende Unternehmenskleid gefunden werden. Die Auswahl ist groß. Nicht nur in Deutschland. Ebenso kann man an ausländische Gesellschaftsformen denken, wie die oft genannte englische Limited.

 

Zeitpunkt

Die passende Gesellschaftsform sollte möglichst früh gefunden werden. Jedenfalls dann, wenn der Gründer seine persönliche Haftung begrenzen möchte. Zudem haben auch mögliche Investoren bestimmte Vorstellungen über die passende Gesellschaftsform.

 

Personengesellschaften vs. Kapitalgesellschaften

Im deutschen Recht gibt es Personengesellschaften, wie die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die offene Handelsgesellschaft oder die Kommanditgesellschaft. Und es gibt Kapitalgesellschaften, beispielsweise die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und ihre Rechtsformvariante, die Unternehmergesellschaft (UG), sowie die Aktiengesellschaft (AG).

Wofür soll sich ein Gründer nun entscheiden? Achtung, Haftung! Personengesellschaften haben eine sehr einfache Struktur, aber einen entscheidenden Nachteil gegenüber Kapitalgesellschaften: Bei ihnen haften die Gründer, jedenfalls mindestens einer von ihnen, mit ihrem gesamten Privatvermögen neben dem Gesellschaftsvermögen, wenn man nicht die kompliziertere Struktur einer GmbH & Co. KG wählt. Bei Kapitalgesellschaften ist die Haftung dagegen auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Die Gesellschaft spannt sich wie ein Schutzschirm über den Gesellschaftern auf. Die Gesellschafter haften nicht.

Die Haftungsbeschränkung gibt es bei Kapitalgesellschaften allerdings nicht umsonst: Die Gesellschafter müssen sich diese „erkaufen“, indem sie ein Mindestkapital für die Gesellschaft aufbringen. Bei der GmbH 25.000 Euro, bei der Aktiengesellschaft 50.000 Euro. Bei der UG genügt zunächst 1 Euro. Allerdings müssen die Gesellschafter anschließend Gewinne bei der Gesellschaft belassen, also sparen, und zwar jedes Jahr mindestens 25 Prozent des Jahresüberschusses bis 25.000 Euro erreicht sind. Dann wird aus der UG eine GmbH.

Die Gründung einer Kapitalgesellschaft ist zwar etwas aufwendiger und kostspieliger als bei einer Personengesellschaft. Auch ist zu bedenken, dass Anteile an einer GmbH nur mit notarieller Urkunde übertragen werden können. Dennoch spricht aufgrund der Haftungsbeschränkung viel für die Wahl einer Kapitalgesellschaft.

 

Kapitalgesellschaften

Tendiert man in die Richtung der Kapitalgesellschaften, stellt sich die Frage nach der passenden Form. Und hier wird es international. Denn neben der GmbH, der UG und der AG stehen auch ausländische Gesellschaftsformen zur Verfügung, wie beispielsweise die sogenannte englische Limited by Shares (Limited).

Anders als eine GmbH oder AG gibt es bei der Limited kein Mindestkapital, das die Gründer aufbringen müssen. Der Preis hierfür ist aber zu hoch: Deutsche Gründer müssen dann dauernd das ausländische Recht und auch die dortigen Bilanzierungsregeln beachten. Damit wird der laufende gesellschaftsrechtliche Betrieb insgesamt kompliziert und teuer, auch durch höhere Beratungskosten. Schließlich bietet das deutsche Recht mit der UG nun seit 2008 ebenfalls eine Gesellschaftsform an, die ohne Mindestkapital an den Start gehen kann. Die Wahl der Limited ist damit schon aus diesem Grund nicht mehr nötig. Daher empfiehlt es sich eher, auf eine deutsche Gesellschaftsform zuzugreifen.

 

Aktiengesellschaft

Die AG kennt man für die großen Unternehmen. Dafür eignet sie sich, weil ihre Anteile an einer Börse notiert sein können. Auch hat sie eine hohe Reputation. Doch für Gründer gibt es gute Argumente, die gegen die AG sprechen: Das geforderte Mindestkapital von 50.000 Euro liegt höher als bei der GmbH. Ihr Aufbau ist auch komplizierter. Denn es gibt zwingend einen Aufsichtsrat als zusätzliches Organ neben dem Vorstand und der Hauptversammlung (bestehend aus den Aktionären und damit auch den Gründern). Der Aufsichtsrat steht bildlich zwischen Vorstand und Hauptversammlung und nimmt den Gründern somit zudem Einflussmöglichkeiten auf den Vorstand. Insgesamt ist der administrative Aufwand hoch, häufig zu hoch für ein Start-up.

 

GmbH

Anders sieht es bei der GmbH aus. Sie ist die beliebteste Form der Kapitalgesellschaft: Über 70% der Kapitalgesellschaften sind als GmbH organisiert. Ein Vorteil gegenüber der AG ist das geringere Mindestkapital von 25.000 Euro. Ihre interne Struktur ist auch einfacher und flexibler als die der AG. Ein Aufsichtsrat ist nicht zwingend; dazu muss die Gesellschaft erst über 500 Arbeitnehmer haben. Und als Gesellschafter kann man stärkeren Einfluss auf die Geschäftsführer nehmen, insbesondere Weisungen erteilen. Beide Rollen dürfen übrigens auch zusammenfallen. Häufig sprechen all diese Gesichtspunkte daher eher für eine GmbH als für eine AG.

 

Unternehmergesellschaft

Bleibt noch die UG. Für kapitalschwache Gründer kann sie eine Alternative sein, weil sich das Mindestkapital ab 1,00 Euro frei wählen lässt. Aber die UG muss im Geschäftsverkehr auch als solche bezeichnet werden, genauer gesagt sogar als UG (haftungsbeschränkt). Es wird damit also schon mit dem Namen indirekt mitgeteilt, dass die Kapitalausstattung hinter derjenigen der AG und GmbH zurückbleibt. Das schadet häufig dem Image gegenüber Geschäftspartnern und Kreditgebern. Hinzu kommt, dass das eingezahlte Mindestkapital bei allen Gesellschaftsformen für Investitionen genutzt werden kann. Es muss nicht zur Sicherung der Gläubiger in einem Safe gelagert und unangetastet bleiben. Wenn eine solche Investitionssumme also ohnehin benötigt wird, sollte das Mindestkapital kein Hindernis für die Wahl einer GmbH sein. Schließlich ist zu bedenken, dass die Gründungskosten einer UG zwar grundsätzlich geringer sind als bei einer GmbH; wenn man jedoch aus der UG später eine GmbH machen möchte, wird das insgesamt teurer als wenn man gleich mit einer GmbH startet.

 

Ergebnis

Allgemein sprechen viele Gesichtspunkte für Kapitalgesellschaften. Dort ist häufig die GmbH die passende Gesellschaftsform, gegebenenfalls auch die UG. Aber jedenfalls nicht die komplizierter strukturierte AG. Letztlich hängt die Entscheidung von den Gegebenheiten und Wünschen des Einzelfalls ab, die alle miteinander abgewogen werden müssen. Mit einzuschließen sind hierbei natürlich steuerliche Erwägungen.

 

Teil 2 zum Thema Finanzierung folgt demnächst in diesem Blog.