18. Juni 2015 | Oliver Rossbach

Auf die Plätze, fertig, Start-up! (Teil 2: Finanzierung)

Die Geschäftsidee ist da. Und nun? Jeder Gründer weiß, dass es nicht auf die Idee, sondern deren Umsetzung ankommt. Welche rechtlichen Herausforderungen sind zu bewältigen, um die Idee zu verwirklichen und ein blühendes Unternehmen aufzubauen? Nachdem wir im ersten Teil unserer Serie die Wahl der geeigneten Gesellschaftsform behandelt haben, soll es nun um die Frage der optimalen Finanzierung des Unternehmens gehen. Im letzten Teil werden wir dann erläutern, was Gründer bei der Gestaltung ihrer Verträge beachten sollten.

Ohne Moos nix los

Neben der Wahl der passenden Gesellschaftsform stellt sich für jeden Gründer die mindestens ebenso bedeutsame Frage, wie er seine Gesellschaft mit den erforderlichen finanziellen Mitteln ausstattet. „Bootstrapping“, d.h. die Finanzierung des Unternehmens aus eigenen Mitteln, wird meist nicht darstellbar sein. Damit kommt es darauf an, externe Kapitalgeber zu finden.

 

Zeitpunkt

Das Finanzierungsthema kann nicht früh genug angegangen werden. Denn zwischen der „Road Show“ zur Vorstellung des Businessplans bei Banken und Investoren bis zu deren Finanzierungsentscheidung können locker einige Wochen vergehen. Demgegenüber sind zahlreiche Investitionen bereits in einem frühen Stadium zu tätigen. Und die Zahlungsfristen sind in der Regel nicht verhandelbar. Die Sicherstellung ausreichender Liquidität ist daher von Anfang an ein Muss: Cash is king!

 

Wieviel Kapital brauche ich?

Am Anfang muss sich jeder Gründer fragen, wieviel Kapital er insgesamt für sein Vorhaben benötigt. Dazu ist ein solider Finanzplan zu erstellen, in dem die Gründungs- und Investitionskosten genauso zu berücksichtigen sind wie der sogenannte Betriebsmittelbedarf, also die Kosten des laufenden Geschäftsbetriebs. Denn um die Profitabilitätsschwelle zu erreichen, braucht ein Unternehmen ca. 12 bis 18 Monate. Schließlich dürfen die privaten Lebenshaltungskosten nicht vergessen werden.

 

Wie decke ich den Kapitalbedarf?

Ist der Kapitalbedarf festgelegt, stellt sich die Frage, mit welchen Mitteln dieser Bedarf finanziert werden soll. Im Rahmen der Unternehmensfinanzierung sind grundsätzlich zwei Quellen für Kapital möglich: Fremdkapital und Eigenkapital. Laut dem neuesten KfW-Gründungsmonitor ist der Anteil an Fremdkapital von den rund 10 Mrd. Euro, die Gründer im vergangenen Jahr in ihre Geschäftsidee gesteckt haben, inzwischen auf über 50% gestiegen. Die gängige Form der Fremdkapitalfinanzierung ist ein Kredit. Der Unternehmer erhält Geld von einer Bank und muss dieses innerhalb eines im Vorfeld festgelegten Zeitraumes zuzüglich Zinsen zurückzahlen. Im Unterschied dazu besteht bei einer Eigenkapitalfinanzierung kein Schuldverhältnis mit Rückzahlungspflicht, sondern ein Beteiligungsverhältnis. Das bedeutet, dass ein Investor dem Unternehmen Geld zur Verfügung stellt und im Gegenzug als Gesellschafter am Unternehmen und an dessen Gewinn beteiligt wird – aber als Kehrseite der Medaille bei Verlusten keine Ausschüttungen auf das eingesetzte Kapital erhält.

 

Unternehmensfinanzierung in der Seed und Start-up Phase

Gerade zu Beginn der Gründungsphase haben Gründer oftmals nicht die uneingeschränkte Wahl zwischen Fremd- und Eigenkapital. Denn jedenfalls die Kreditvergabe über die Hausbank ist wegen eines fehlenden Track Records und damit schlechten Ratings, insbesondere aber wegen regelmäßig unzureichender Sicherheiten schwierig. Hier helfen Förderinstitute, wie z.B. die KfW, die Gründerkredite mit besonders günstigen Konditionen vergeben (niedrige Zinssätze, tilgungsfreie Jahre), oder Bürgschaftsbanken, die mit der Stellung von Ausfallbürgschaften die Kreditaufnahme bei Banken oder Sparkassen ermöglichen. Allerdings sind die Volumina der Fördergelder in beiden Fällen eher überschaubar.

Vor diesem Hintergrund spielt gerade zu Beginn der Existenzgründung die Eigenkapitalfinanzierung eine bedeutendere Rolle. Gegenüber der Fremdkapitalfinanzierung hat sie den Vorteil, dass für Eigenkapital keinerlei Zins und Tilgung gezahlt werden muss – d.h. die kostbare Liquidität wird zunächst geschont. Andererseits bedeutet die Hereinnahme eines oder mehrerer Mitgesellschafter, dass man als Gründer Informations-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte an diese abgibt. Ebenso sind die Renditeerwartungen der Eigenkapitalinvestoren angesichts des großen Risikos, das sie eingehen, ziemlich hoch, und zwar regelmäßig im zweistelligen Bereich.

 

Wer kommt als Eigenkapitalgeber in Betracht

Die typischen Eigenkapitalgeber in dieser frühen Phase der Unternehmensfinanzierung sind Venture Capital-Gesellschaften. Wie der Name „Venture“ (Risiko) schon vermuten lässt, gehen Investoren beim Einsatz von Venture Capital ein Wagnis ein. Sie setzen auf die potentiellen Marktchancen eines Produkts und erhoffen sich dadurch eine langfristige Maximierung ihres eingesetzten Kapitals – immer verbunden mit der Gefahr, dass das Startup auch scheitern und das Kapital im Insolvenzfall verloren gehen kann. Um das Risiko eines Verlusts  zu verringern, sichert sich die Venture Capital-Gesellschaft Kontroll- und Mitsprachrechte, über die sie auf die Gestaltung des wachsenden Unternehmens, in welches investiert wurde, zumeist wesentlichen Einfluss nimmt. Außer von privat gegründeten Venture Capital-Gesellschaften, die Gelder von Investoren anlegen, wozu beispielsweise Versicherungen oder Großkonzerne zählen, wird Venture Capital in Deutschland zunehmend auch von Venture-Einheiten großer Unternehmen (sog. Corporate Venture Capital) und der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt.

Eine interessante Alternative zu Venture Capital-Gesellschaften sind Business Angels. Dabei handelt es sich um vermögende, unternehmerische Personen, die neben ihrem Kapital auch ihr Know-how und ihr Netzwerk einbringen. Einen ähnlichen Ansatz verfolgen Inkubatoren, die sich vor allem für die Umsetzung von Geschäftsideen im Internet gegründet haben. Sie begleiten Gründer eng und bieten personelle Unterstützung und teilweise Büroräume an. Schließlich kommen auch Family Offices als Eigenkapitalgeber in Betracht.

 

Investitions- und Beteiligungsvereinbarung

Was ein Investor von Gründern verlangt, welche Pflichten ihnen also auferlegt werden, wird in einer sog. Investitions- und Beteiligungsvereinbarung fixiert. Aus den vielen kritischen Regelungen seien beispielhaft die folgenden drei genannt:

 

  • Meilensteine: Investoren sind häufig nicht bereit, den gesamten Betrag des Investments sofort bei Einstieg zu zahlen. Ein Investor wird zunächst die Geschäftsentwicklung der Gesellschaft abwarten und den Investitionsbetrag in Teilbeträgen oder Tranchen zahlen wollen. Werden bestimmte festgelegte Zielvorgaben (Meilensteine) erreicht, werden die vereinbarten Tranchen nach Erreichen der jeweiligen Meilensteine ausgezahlt. Hier sollte ein Gründer aufpassen, dass die Meilensteine nicht zu ambitioniert sind, denn sonst wird es schwierig für ihn, an das benötigte Geld zu kommen. Denn der Investor wird sich freiwillige Zahlungen „vergolden“ lassen.
  • Tag- und Drag-Along-Klauseln: Investoren streben danach, sich gute Ausstiegsmöglichkeiten zu sichern und Kontrolle über die Gesellschafterstruktur zu haben. Dies erreichen sie unter anderem mit sog. Tag- und Drag-Along-Klauseln. Tag-Along (Mitveräußerungsrecht): Wenn ein Gesellschafter seine Anteile veräußert, ist der Investor berechtigt, sich „dranzuhängen“, also auch seine Anteile an den Käufer zu veräußern. Drag-Along (Mitveräußerungspflicht): Wenn der Investor seine Anteile veräußern will, ist er berechtigt, die anderen Gesellschafter „mitzuziehen“, sie also zur Mitveräußerung zu zwingen.
  • Zustimmungs- und Vetorechte: Schließlich wollen Investoren Kontrolle über bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen und wesentliche Gesellschafterentscheidungen haben. Dies erreichen sie mit Zustimmungs- und Vetorechten.

 

Crowdinvesting

Bei überschaubarem Mittelbedarf kann für Gründer schließlich das Crowdinvesting als innovatives Instrument in der Frühphasenfinanzierung in Betracht kommen. Dabei wird die Finanzierung von einer großen Investorenanzahl aufgebracht, wobei jeder Einzelne nur einen kleinen Beitrag leistet. Die Abwicklung erfolgt über das Internet, wobei eine Online-Plattform als Intermediär fungiert. Hinsichtlich der Beteiligungskonzeption dominiert derzeit das sogenannte qualifiziert partiarische Nachrangdarlehen den deutschen Crowdinvesting-Markt. Grundlage ist ein Darlehensvertrag, der eine gewinnabhängige, variable Vergütungskomponente in Form einer prozentualen Beteiligung an dem vom Darlehensnehmer erwirtschafteten Erfolg enthält. Darüber hinaus kann eine feste Verzinsung als Mindestrendite vereinbart werden. Hingegen sind eine Verlustbeteiligung sowie Mitverwaltungs- oder Geschäftsführungsrechte grundsätzlich ausgeschlossen.

 

Ergebnis  

Sieht man von der Kreditvergabe durch Förderinstitute ab, so dominiert in der frühen Gründungsphase die Eigenkapitalfinanzierung. Hier sollten Gründer sich gut informieren, um die Entscheidung, wen sie als Gesellschafter mit an Bord nehmen, auf solider Basis treffen zu können. Und nicht zuletzt sollten Gründer ihren Vertragspartnern auch rechtlich auf Augenhöhe begegnen, mag auch der Verhandlungsspielraum in manchen Situationen eher gering sein.

 

Teil 3 zum Thema Vertragsgestaltung folgt demnächst in diesem Blog.