Auf die Plätze, fertig, Start-up! (Teil 3: Vertragsgestaltung)
Die Geschäftsidee ist da. Und nun? Jeder Gründer weiß, dass es nicht auf die Idee, sondern deren Umsetzung ankommt. Welche rechtlichen Herausforderungen sind zu bewältigen, um die Idee zu verwirklichen und ein blühendes Unternehmen aufzubauen? Nachdem wir im ersten Teil unserer Serie die Wahl der geeigneten Gesellschaftsform und im zweiten Teil die Frage der optimalen Finanzierung des Unternehmens behandelt haben, setzt sich dieser Teil mit wichtigen Fragen rund um die Gestaltung von Verträgen auseinander.
Richtig gut in der Spur – gleich zu Beginn!
Bereits in der Gründungsphase ist es entscheidend, die Umsetzung der Geschäftsideen so weit voranzutreiben, dass zum Zeitpunkt des Unternehmensstarts alles bereit dafür ist, Geschäfte zu machen. Es gibt hier keine Zeit zu verlieren. Das Ziel muss es sein, direkt gut in die Spur zu kommen, um die Anfangsdynamik optimal zu nutzen. Und um direkt von einer Aura des Erfolgs umgeben zu sein, von der Geschäftspartner, Investoren und nicht zuletzt Mitarbeiter angesteckt werden. Eine zentrale Rolle nimmt in diesem Zusammenhang die Vertragsgestaltung ein, die im Prinzip nichts anderes als die rechtssichere Umsetzung der Geschäftsidee ist. Dieser Blog greift exemplarisch einige wichtige Themen im Zusammenhang mit der Erstellung von Verträgen auf, die sich gerade zu Beginn des Start-ups stellen.
Vertragsform
Die Mutter aller Fragen zur Erstellung von Verträgen ist: Wie schließe ich diese überhaupt? Reicht eine mündliche Absprache aus? Ein Handschlag? Oder muss der Vertrag zwingend schriftlich geschlossen werden? Oder muss ich sogar zum Notar?
Die Antwort kann erst einmal beruhigen. Im deutschen Privatrecht gilt grundsätzlich die Formfreiheit. Der oft zitierte Vertragsschluss per Handschlag oder auch der Vertrag „auf dem Bierdeckel“ ist daher regelmäßig möglich. Und wird insbesondere privat im Alltag auch gelebt: Beim Zeitungshändler, im Taxi oder auch sprichwörtlich in der Kneipe.
Ausnahmeweise schreibt das Gesetz eine bestimmte Form für den Abschluss von Verträgen vor. So kann eine wirksame Befristung von Mietverträgen mit einer Laufzeit von über einem Jahr nur schriftlich vereinbart werden. Die Gründung einer GmbH, die Übertragung von GmbH-Anteilen oder auch der Erwerb von Grundstücken haben sogar vor dem Notar zu erfolgen. Formerfordernisse dienen dazu, den Vertragsschließenden bewusst zu machen, dass das Rechtsgeschäft möglicherweise negative Folgen hat. Darüber hinaus sorgt die Schriftform für eine entsprechende Dokumentierung, die auch von Dritten nachvollzogen werden kann. Kommt zur Schriftform noch der Notar hinzu, soll dessen Beratung zusätzlichen „Schutz vor Dummheiten“ leisten.
Unabhängig von Formerfordernissen im Einzelfall: Anders als im Privatleben ist für ein Unternehmen regelmäßig der schriftliche Abschluss von Verträgen empfehlenswert! Sicher ist sicher! Zum einen hat man es ein für alle Mal „schwarz auf weiß“. Diskussionen wie „Ich meinte Pfund – nicht Dollar“ können erst gar nicht entstehen. Die Schriftform ist zudem in der Regel geboten, um den betrieblichen Dokumentationserfordernissen zu genügen und spätere Steuer- oder Betriebsprüfungen problemlos zu überstehen. Auch auf die Qualität ist zu achten, um nachträgliche Unklarheiten und die damit verbundenen Risiken (insbesondere einer gerichtlichen Auseinandersetzung) zu mindern. Ein wichtiges Qualitätsmerkmal ist hier die Klarheit in den Formulierungen. Nicht zuletzt sind qualitativ gute Verträge auch die Visitenkarte des Unternehmens. Potentielle Vertragspartner werden diese in aller Regel als professionell wertschätzen.
Verbraucherschutz
Ist das Geschäftsmodell wie häufig auf Geschäfte mit Privatpersonen ausgerichtet, ist in besonderem Maße Sensibilität gefragt! Bei diesen müssen Unternehmen unter Umständen verbraucherschützende gesetzliche Regelungen einhalten. Damit trägt der Gesetzgeber dem wirtschaftlichen Ungleichgewicht zwischen Verbraucher und Unternehmen Rechnung. Achtung! Wird der Verbraucherschutz missachtet, wackelt das Vertragsgerüst!
Die Spielwiese der gesetzlichen Regelungen ist sehr groß, sodass in diesem Blog der oberflächliche Hinweis genügen muss, um den Rahmen nicht zu sprengen. Daher nur ein – allerdings sehr praxisrelevantes – Beispiel. Werden Verträge mit Privatpersonen außerhalb der eigenen Geschäftsräume geschlossen, so müssen die Unternehmen im Gesetz sehr detailliert definierte Informationspflichten einhalten. Teilweise Wort für Wort. Zudem muss den Privatpersonen explizit ein Widerrufsrecht eingeräumt werden. Darüber sind diese auch gesondert zu belehren. Wird zum Beispiel über das Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt, verschiebt sich die gesetzliche Widerrufsfrist von 14 Tagen nach hinten! Bei der Vertragsgestaltung ist also immer zu prüfen, ob und in welcher Form auf die Einhaltung des Verbraucherschutzrechts zu achten ist.
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGBs)
Oftmals besteht das Geschäftsmodell aus „Massengeschäft“. Gleichartige Leistungen werden den Kunden regelmäßig auf Basis standardisierter Verträge in Form von AGBs angeboten. Nur so kann eine effiziente und damit möglichst kostengünstige Abwicklung der Geschäfte erfolgen. Bei „seinen“ AGBs kann sich ein Unternehmen auch immer darauf verlassen, dass seine Interessen bestmöglich berücksichtigt werden. Es macht daher Sinn, schon in der Startphase des Unternehmens Vertragsmuster zu entwickeln, die für die einzelnen Geschäftsabläufe immer wieder verwendet werden können.
Der Gesetzgeber sieht aber bei Verwendung von AGBs die Gegenseite als besonders schutzbedürftig an. Denn statt gleichberechtigter Verhandlungen wird der Vertragsinhalt vorgegeben. AGBs müssen daher zwingend klar, einfach und präzise formuliert sein. Zudem hat der Gesetzgeber den Unternehmen bei der Verwendung von AGBs ein Fairnessgebot auferlegt. So führen unangemessen nachteilige Regelungen zulasten des Vertragspartners zu deren Unwirksamkeit. An deren Stelle kommt dann das ohne vertragliche Regelung geltende Gesetz zur Anwendung. Auf diese Weise unwirksame AGBs können zudem je nach Regelungsgegenstand für betroffene Vertragspartner, Verbraucherschutzorganisationen oder auch Wettbewerber einen Abmahnungsgrund darstellen. Achtung! Unfaire AGBs können sich daher als Bumerang erweisen!
Auch nach Abschluss eines Vertrags unter Verwendung der AGBs ist noch Folgendes zu bedenken: Nachträgliche Änderungen müssen dem Vertragspartner angezeigt werden. Und dieser muss die Änderungen auch akzeptieren, was allerdings durch Schweigen oder schlüssiges Handeln erfolgen kann. Einseitige nachträgliche Änderungen der AGBs sind daher nicht möglich!
Vertraulichkeitsvereinbarungen oder neudeutsch „Non-Disclosure Agreements“ (NDAs)
Das wichtigste Kapital von Start-up-Unternehmen ist deren Know-how. Das gilt es mit allen Mitteln insbesondere vor Wettbewerbern zu schützen. In der ersten Phase der Geschäftstätigkeit, in der Geschäftskontakte angebahnt und Informationen ausgetauscht werden, ist daher ganz besonders darauf zu achten, dass niemals wichtige Geschäftsgeheimnisse herausgegeben werden, ohne den Empfänger zur Vertraulichkeit zu verpflichten. Auch hier gilt: Wer schreibt der bleibt! Daher ist dringend zu empfehlen, schriftliche Vertraulichkeitsvereinbarungen abzuschließen.
Welche Schutzmechanismen vereinbart werden können, hängt sehr vom Einzelfall ab. Überlegt werden sollte zum Beispiel, ob eine pauschale Vertragsstrafe vereinbart wird. Bei ihr braucht – anders als bei einer Schadensersatzforderung – kein konkreter Nachweis für einen Schaden erbracht werden. Das hilft sehr, da ein Schadensnachweis oftmals wirklich schwierig zu führen ist. Wichtig ist zudem eine korrekte Regelung zur nachvertraglichen Geheimhaltungsverpflichtung. Für die Vereinbarung einer unbefristeten nachvertraglichen Geheimhaltungsverpflichtung, die natürlich aus Sicht der die Information herausgebenden Partei wünschenswert wäre, fehlt es nach der Rechtsprechung an einem schützenswerten Interesse. Entsprechende Regelungen sieht sie als unwirksam an. Als Faustregel gilt: Zwei Jahre nachvertragliche Geheimhaltungsverpflichtung sind unproblematisch zulässig. Bei existenzberührenden Informationen wird bei entsprechender Hervorhebung dieses Charakters im Einzelfall auch ein Zeitraum von vier bis sechs Jahren als wirksam angesehen.
Letter of Intent
Im Verhandlungsstadium, noch bevor endgültige rechtsverbindliche Verträge geschlossen werden, ist es oft sinnvoll, einen ersten Verhandlungsstand in Papierform zu gießen. Um so früh wie möglich Punkte, über die Einigkeit besteht, aber auch Punkte, bei denen noch unterschiedliche Auffassungen vorherrschen, „festzuzurren“. Besonders bei komplexen Projekten ist dies äußerst ratsam. Sonst besteht die Gefahr, dass der „große Knall“ erst zum Ende der Verhandlungen ertönt, nämlich wenn der endgültige Vertrag entworfen wird. Das birgt die Gefahr unnötiger Zeit- und Kostenverschwendung.
Letters of Intent haben zwar grundsätzlich unverbindlichen Charakter. Schließlich stellen sie ja gerade nicht den endgültigen Vertragsschluss zwischen den Parteien dar und sollen es auch nicht. Allerdings kann es durchaus sinnvoll sein, einzelne Aspekte schon einmal rechtsverbindlich zu regeln. Wie zum Beispiel die Übernahme von Vertraulichkeitspflichten, etwaige Vorleistungen einzelner Parteien oder Kostentragungspflichten.
Zusammenfassung
Die nur exemplarisch ausgeführten Aspekte der Vertragsgestaltung zeigen, dass es sich hier um eine sehr komplexe Thematik mit vielen Fallstricken handelt. Daher ist es wichtig, bei der Erstellung sehr sorgfältig zu sein. Formerfordernisse, der Verbraucherschutz oder auch das AGB-Recht, um einige Beispiele zu nennen, erweisen sich hier oft als „Minenfeld“. Schreitet ein Unternehmen hier aber auf sicheren Pfaden, indem es bei der Erstellung der Verträge hohe Qualitätsmaßstäbe anlegt, kann sich dies als entscheidender Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz erweisen.