2. Dezember 2015 | Stephan R. Göthel

So gelingt der Beteiligungsvertrag!

von Stephan R. Göthel

Der Beteiligungsvertrag ist das Herzstück einer Transaktion, mit der sich ein Investor an einem Start-up oder auch reiferen Unternehmen beteiligt. Welche Themen am Ende der Verhandlungen vertraglich geregelt sein werden und vor allem wie, ist natürlich in jedem Fall anders. Aber dass es einen Beteiligungsvertrag geben wird, steht außer Frage. Es lohnt sich daher für Gründer, Unternehmer und Investoren (z.B. Business Angel oder Venture Capital Investor), sich mit den gängigen Themen, Begriffen und Gestaltungsmöglichkeiten vertraut zu machen, die neben der Regelung über Form und Höhe des Investments Teil dieser Verträge sind.

⇛ Meilensteine

Einige Investoren sind verständlicherweise nicht bereit, den gesamten Betrag des Investments sofort bei Einstieg zu zahlen. Sie wollen vielmehr die Geschäftsentwicklung der Gesellschaft abwarten und den Investitionsbetrag in Teilbeträgen leisten. Die Beteiligungsverträge sehen daher in diesen Fällen vor, dass die vereinbarten Teilbeträge erst ausgezahlt werden, wenn bestimmte festgelegte Zielvorgaben (Meilensteine, Milestones) erreicht sind. So können z.B. € 600.000 in drei Tranchen á € 200.000 aufgeteilt werden. Gründer, die sich besonders ehrgeizig zeigen wollen, schlagen häufig sehr aggressive Milestones vor. Sie sollten aber eher aufpassen, dass die Meilensteine nicht zu ambitioniert sind, denn sonst wird es bei Nichterreichen eines Meilensteins schwierig, an das benötigte Geld zu kommen. Der Investor wird sich nämlich freiwillige Zahlungen möglicherweise „vergolden“ lassen, z.B. durch Zuteilung weiterer Anteile.

⇛ Garantien

Investoren verlangen regelmäßig zu Recht, dass die Gründer bestimmte Garantien über ihre Beteiligung und das Unternehmen abgeben, wie beispielsweise darüber, dass die Anteile an der Gesellschaft den Gründern gehören, dass die Verträge der Gesellschaft wirksam geschlossen sind und insbesondere, dass die geistigen Leistungen, die für den Geschäftsbetrieb notwendig sind (also vereinfacht gesagt: alle Rechte, die mit der Idee der Gründer zusammenhängen und geschützt werden können, wie Marken, Patente, Designs und Urheberrechte), soweit wie möglich der Gesellschaft gehören. Solche Garantien können sehr ausführlich sein und sind häufig Gegenstand sehr intensiver Verhandlungen. Einzelne Wörter im Vertragstext können hier den Ausschlag geben. Denn die Verletzung einer Garantie führt zu einer persönlichen Haftung der Gründer.

⇛ Verwässerungsschutz

Der Verwässerungsschutz (Anti-Dilution Protection) bezweckt, die Anteilshöhe oder den Gegenwert des Anteils an der Gesellschaft für den Investor zu schützen. Daher lassen sich Investoren für den Fall einer weiteren Finanzierungsrunde im Wege einer Kapitalerhöhung zusichern, weitere Anteile an der Gesellschaft erwerben zu können (Bezugsrecht), um ihren Kapitalanteil auch bei dieser Kapitalerhöhung in gleicher Höhe halten zu können.

Teilweise lassen sich Investoren außerdem so stellen, dass sie mit einem neu hinzutretenden Investor gleich behandelt werden. Wird etwa das Start-up in einer neuen Finanzierungsrunde niedriger bewertet als bei Einstieg des ersten Investors (sog. Down Round), wird der erste Investor so gestellt, als sei er ebenfalls bei dieser niedrigeren Bewertung eingestiegen. Ihm wird damit als Ausgleich das Recht eingeräumt, weitere Geschäftsanteile am Unternehmen zu erwerben, ohne hierfür zahlen zu müssen. Ein stark vereinfachtes Beispiel: Ein Investor hat 10 Geschäftsanteile für sein Investment von € 500.000 erhalten. Ein späterer Investor erhält aufgrund einer niedrigeren Unternehmensbewertung für seine Beteiligung von ebenfalls € 500.000 15 Geschäftsanteile. Damit erhält der erste Investor als Ausgleich 5 weitere Geschäftsanteile.

⇛ Vesting

Investoren wünschen, dass das Know-how der Gründer und damit die Gründer selbst möglichst lange im Unternehmen bleiben. Daher wird die gesellschaftsrechtliche Beteiligung des Managements am Start-up daran geknüpft, dass sie für die Gesellschaft operativ tätig sind. Wenn ein Gründer somit vor Ablauf eines festgelegten Zeitraums (Vesting Periode) das Unternehmen verlässt, wird er beispielsweise verpflichtet, seine Geschäftsanteile zu einem geringeren Betrag als dem Marktwert abzugeben. Auch hier gibt es aber kein Schwarz oder Weiß. Häufig bieten fließende Regelungen einen gangbaren Weg für beide Seiten.

⇛ Veräußerung der Beteiligung

Ein zentraler Teil des Beteiligungsvertrags widmet sich regelmäßig der Frage, unter welchen Bedingungen die Parteien ihre Beteiligung veräußern können. Hintergrund ist z.B., dass der Investor vermeiden will, dass die Gründer ihre Anteile an Dritte veräußern können, die er nicht als Mitgesellschafter akzeptieren möchte. Die erste Hürde kann dann durch eine sogenannte Vinkulierung geschaffen werden: Die Übertragung von Anteilen wird daran gebunden, dass eine Mehrheit der Gesellschafter oder bestimmte Gesellschafter dieser Übertragung zustimmen.

Häufig wird eine solche Übertragungssperre in Form der Vinkulierung ergänzt durch Vorerwerbs- und Vorkaufsrechte zugunsten der Gesellschafter. Im Kern geht es darum, einen veräußerungswilligen Gesellschafter zu verpflichten, seine Beteiligung vor einer Veräußerung an einen Dritten den anderen Gesellschaftern zum Kauf anzubieten. Und dies genau zu denjenigen Verkaufsbedingungen, die auch für den Dritten gelten. Damit können die Gesellschafter also nicht nur den Eintritt eines Fremden verhindern, sondern selbst ihre Beteiligung vergrößern und dem veräußerungswilligen Gesellschafter den Exit ermöglichen.

Einen anderen Effekt haben Drag-Along und Tag-Along Klauseln. Drag-Along Klauseln sind für Investoren besonders wichtig. Hierbei werden die Gesellschafter verpflichtet, ihre Beteiligung mit zu veräußern, wenn beispielsweise der Investor seine Beteiligung verkaufen will und eine solche Mitveräußerung verlangt. Die anderen Gesellschafter werden also „mitgeschleppt“. Dies ermöglicht dem Investor, einem potentiellen Käufer die für ihn möglicherweise attraktivere ganze Gesellschaft als nur einen Anteil daran zu erwerben. Häufig wird die Mitveräußerungspflicht daran geknüpft, dass eine Gesellschaftermehrheit der Mitveräußerung zustimmt. Damit wird erreicht, dass eine Mitveräußerungspflicht nicht gegen den Willen der Mehrheit greift. Umgekehrt kann durch ein Mitveräußerungsrecht (Tag-Along Recht) den anderen Gesellschaftern das Recht eingeräumt werden, ihre Anteile zu denselben Konditionen an den Dritten zu veräußern, wie der von vornherein veräußerungswillige Gesellschafter. Die übrigen Gesellschafter können sich damit an den Exit des veräußerungswilligen Gesellschafters „dranhängen“.

Schließlich können Gesellschaftern auch Optionsrechte eingeräumt werden. So kann Gesellschaftern das Recht eingeräumt werden, unter bestimmten Voraussetzungen, wie z.B. bei Ablauf eines bestimmten Zeitraums oder bei Eintritt eines Konfliktfalls, ihre Anteile an die anderen Gesellschafter zu übertragen (Put Option) und/oder die Anteile der anderen Gesellschafter zu erwerben (Call Option).

⇛ Zustimmungsrechte

Schließlich wollen die Investoren Kontrolle über bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen und wesentliche Gesellschafterentscheidungen haben. Hierzu streben sie weitreichende Zustimmungsrechte an. Beispielsweise derart, dass bestimmte vertraglich niedergelegte Geschäftsführungsmaßnahmen oder Gesellschafterbeschlüsse nur mit vorheriger Zustimmung des Investors Wirkung entfalten. Beispiele sind der Abschluss wichtiger Verträge, die Feststellung des Jahresabschlusses oder die Bestellung von Geschäftsführern.

⇛ Liquidationspräferenz

Im Fall eines Verkaufs oder einer Liquidation des Start-ups stehen die Gesellschafter vor der Aufgabe, den möglichen Erlös zu verteilen. Weil das Investment in ein Start-up für Investoren ein hohes Risiko ist, verlangen sie häufig, bei der Erlösverteilung bevorzugt behandelt zu werden. Umgesetzt wird dies dadurch, dass der Investor aus dem Veräußerungs- oder Liquidationserlös zunächst sein gesamtes Investment (soweit möglich) zurückerhält und erst der Rest zwischen den anderen Gesellschaftern (einschließlich der Gründer) verteilt wird. Je nach Vereinbarung kann aber auch der Investor bei dieser Schlussverteilung nochmal berücksichtigt werden.

Fazit

Der Eintritt eines Investors ist für alle Beteiligten ein wichtiger und bereichernder Schritt. Doch dieser Eintritt geht über das reine Investment hinaus. Es geht auch darum, im Beteiligungsvertrag das zukünftige gemeinsame Unternehmensleben und den späteren Exit zu fixieren. Wie häufig lohnt es sich also, über diese Themen frühzeitig und intensiv nachzudenken und sie im Beteiligungsvertrag sorgfältig zu regeln. So lassen sich später unliebsame Überraschungen bei Gründern und Investoren vermeiden.