17. November 2016 | Oliver Rossbach

Im Rechts- und Wirtschaftsleben begegnen uns hin und wieder Begriffe, von deren Bedeutung wir nur eine unbestimmte Ahnung haben. Vielfach werden zudem Begriffe schlicht verwechselt. In unserer unregelmäßig erscheinenden Serie „Was ist eigentlich…?“ wollen wir hier ein bisschen Licht ins Dunkel bringen.

Factoring und Forfaitierung als operative Finanzierungsformen

Einen wichtigen Baustein im Fremdfinanzierungsmix eines Unternehmens bilden sogenannte operative Finanzierungsformen. Dazu zählen insbesondere das Leasing, das Factoring und die Forfaitierung. Die Finanzierung ist hier unmittelbar mit den Gegenständen des Betriebsvermögens und dem operativen Geschäft verknüpft – daher die Bezeichnung als „operative Finanzierungen“.

Factoring

Beim Factoring verkauft und überträgt ein Unternehmen (Factoring-Kunde oder Factoring-Geber) Forderungen aus seinem Geschäftsbetrieb an eine darauf spezialisierte Factoringgesellschaft (Factor) und bekommt im Gegenzug 80 – 90 % der Forderungswerte unmittelbar gutgeschrieben. Neben dieser Finanzierungsfunktion übernimmt der Factor regelmäßig die Verwaltung der erworbenen Forderungen wie z.B. die Debitorenbuchhaltung, die Kreditwürdigkeitsprüfung, das Inkasso und Mahnwesen (Servicefunktion). Beim in der Praxis dominierenden echten Factoring (Non-Recourse Factoring) übernimmt der Factor zudem auch das Ausfallrisiko der angekauften Forderungen (Delkredererisiko). Aufgrund dieser Vorteile nutzen mittelständische Unternehmen das Factoring zunehmend als Finanzierungsalternative bzw. -ergänzung. Auch in Sondersituationen, wie M&A-Transaktionen, kann der Einsatz des Factorings sinnvoll sein, um das Working Capital des Zielunternehmens kurzfristig zu optimieren. Ebenso kann das Factoring in Restrukturierungen helfen, wo ausreichende Liquidität meist entscheidend ist. Digitale Tools, wie sie verstärkt auch von FinTechs angeboten werden, erleichtern die Anwendung und das Monitoring ganz erheblich.

Forfaitierung    

Auch bei der Forfaitierung wird eine Forderung regresslos an einen neuen Gläubiger verkauft und abgetreten. Eingesetzt wird die Forfaitierung typischerweise im Leasinggeschäft oder in der Exportfinanzierung. Der Verkäufer der Forderung (Forfaitist) haftet nach dem Forderungsübergang auf den Käufer (Forfaiteur) nur noch für deren rechtlichen Bestand (Verität), während das wirtschaftliche Risiko (Bonität) auf den Forfaiteur übergeht. Im Exportgeschäft gehört dazu auch das Risiko der Uneinbringlichkeit der Forderung aufgrund von politischen Umständen (Konvertierbarkeit, Transfer, Zahlungsverbot oder Moratorium). Der Forfaitist profitiert demnach, ebenso wie der Factoring-Kunde beim Factoring, von der Finanzierungs- und Kreditversicherungsfunktion der Forfaitierung.

Fazit         

Während Factoring und Forfaitierung mit dem Verkauf (§§ 433, 453 BGB) und der Abtretung (§ 398 BGB) von Forderungen also rechtlich deckungsgleich sind, bestehen einsatzbedingt folgende feine Unterschiede:

  • Beim Factoring wird typischerweise eine Vielzahl von Forderungen eher geringerer Höhe verkauft und abgetreten, wohingegen der Forfaitierung meist eine Einzelforderung mit sechs- oder mehrstelligem Betrag zugrunde liegt.
  • Die im Rahmen des Factorings veräußerten Forderungen haben typischerweise eine verhältnismäßig kurze Laufzeit (1 – 4 Monate). Bei der Forfaitierung weisen hingegen die zugrundeliegenden Forderungen eine Laufzeit von durchschnittlich 5 Jahren und maximal 10 Jahren auf.
  • Schließlich übernimmt der Forfaiteur, anders als der Factor, üblicherweise keine Servicefunktion hinsichtlich der angekauften Forderungen.

Dr. Oliver Rossbach