5. Februar 2017 | Oliver Rossbach

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in einem neuen Urteil vom 13. Oktober 2016 (IX ZR 184/14) erstmals zu der bislang streitigen Frage geäußert, ob die Gewährung von Darlehen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft der Schenkungsanfechtung gemäß § 134 Insolvenzordnung (InsO) unterliegt.

Zugrunde liegender Fall: Doppelinsolvenz von Gesellschafter und Gesellschaft

Der zugrunde liegende Sachverhalt ist kurz wiedergegeben: Ein Gesellschafter hatte seine Gesellschaft über die Gewährung von Darlehen finanziert. Später ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft und in der Folge auch über das Vermögen des Gesellschafters eröffnet worden. Ein solcher Fall der sogenannten Doppelinsolvenz ist nicht ungewöhnlich und im Fall eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters die Regel. Die beiden Insolvenzverwalter stritten sich nun über die Darlehensforderung. Während der Insolvenzverwalter der Gesellschaft (Darlehensnehmer) sich auf den gesetzlich angeordneten Nachrang von Gesellschafterdarlehen berief (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO), argumentierte der Insolvenzverwalter des Gesellschafters (Darlehensgeber), die Darlehensauszahlung sei unentgeltlich erfolgt und daher nach § 134 InsO anfechtbar. Er konnte sich dabei auf eine im juristischen Schrifttum weit verbreitete Auffassung stützen. Danach soll die Gewährung eines Gesellschafterdarlehens grundsätzlich eine unentgeltliche Leistung darstellen, weil der Darlehensrückzahlungsanspruch des Gesellschafters durch die Anordnung des Nachrangs in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO in der Insolvenz der darlehensnehmenden Gesellschaft wirtschaftlich entwertet sei.

Entscheidung des BGH  

Der BGH ist dieser Auffassung nun entgegen getreten. Aus der voraussetzungslosen Anordnung des Nachrangs für Rückzahlungsansprüche des Gesellschafters aus Gesellschafterdarlehen und diesen gleichgestellten Leistungen durch § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO folge nicht, dass diese im Geschäftsleben durchaus übliche Handlung „als im Grundsatz bemakelt“ und daher als unentgeltlich anzusehen wäre. Vielmehr sei die Ausreichung eines Darlehens grundsätzlich ein entgeltliches Geschäft, weil der Darlehensvertrag den Darlehensnehmer nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB verpflichtet, einen vereinbarten Zins zu zahlen, zumindest aber das Darlehen bei Fälligkeit zurückzuzahlen. Für eine Schenkungsanfechtung nach § 134 InsO sei daher kein Raum. Außerdem sei kein Grund ersichtlich, warum nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangige Gesellschafterdarlehen im Fall einer Doppelinsolvenz eine Sonderbehandlung verdienen sollten und über die Möglichkeit ihrer Anfechtung im Ergebnis die Gläubiger des Gesellschafters (Darlehensgebers) gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft (Darlehensnehmers) bevorzugt werden sollten.

Auswirkung nicht nur bei Doppelinsolvenz

Wenn man sich daran erinnert, dass es nach dem Anfechtungsgesetz (AnfG) Anfechtungsmöglichkeiten auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens gibt, sind die Wirkungen der vorliegenden BGH-Entscheidung nicht auf Fälle der Doppelinsolvenz beschränkt. Das AnfG gibt einem Gläubiger die Möglichkeit, auf einen Wertgegenstand seines Schuldners auch dann noch durch Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen zuzugreifen, wenn der Schuldner diesen Wertgegenstand durch eine Rechtshandlung an eine dritte Person übertragen hat. Die Anfechtungstatbestände des AnfG sind mit denen der InsO praktisch identisch.

Dies vorausgeschickt, kann man sich leicht vorstellen, dass ein Gläubiger eines (nicht insolventen) Gesellschafters die Gewährung eines an dessen Gesellschaft gewährten Darlehens als eine ihn, den Gläubiger, benachteiligende Vermögensverschiebung anzufechten versucht. Konnte ein solcher Gläubiger sich bisher (auch) auf die Schenkungsanfechtung des § 4 AnfG zu stützen versuchen, dürfte dieser Weg nach der jüngsten BGH-Entscheidung verbaut sein.

Dr. Oliver Rossbach