29. April 2016 | Oliver Rossbach

Trotz der Höchstpersönlichkeit ihres Amtes kommen Insolvenzverwalter angesichts der Vielzahl und Komplexität ihrer Aufgaben nicht umhin, im Rahmen ihrer Verwaltertätigkeit externe Fachleute wie z.B. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte, Controller, M&A-Berater oder Kommunikationsexperten hinzuzuziehen. Nicht selten ist dieses „Outsourcing“ zur effizienten, interessenwahrenden Verwaltung der Masse sogar geboten.

Bisher: Haftung für falsche Auswahl und mangelnde Überwachung

Fragen der Haftung stellen sich hier auf zwei Stufen. Klar ist zunächst, dass der beauftragte Fachmann bei eigenem schuldhaftem Fehlverhalten den Insolvenzgläubigern gegenüber haftet. Ein entsprechender Schadensersatzanspruch ist Bestandteil der Masse und vom Insolvenzverwalter geltend zu machen.

Inwieweit und davon unabhängig haften aber Insolvenzverwalter in diesen Fällen den Insolvenzgläubigern selbst (vgl. § 60 InsO)? Bislang wurde überwiegend vertreten, dass Insolvenzverwalter lediglich für die sorgfältige Auswahl der beauftragten Fachleute einzustehen hätten (Auswahlverschulden, sog. culpa in eligendo). Damit sollte – gewissermaßen als Kompensation für die Komplexität der Verwaltertätigkeit – eine gewisse Begrenzung der Verwalterhaftung erreicht werden.

Neuerdings: Haftung für fremdes Verschulden       

Der BGH hat nun mit Urteil vom 3. März 2016 (Az. IX ZR 119/15) diesen Haftungsmaßstab heraufgesetzt: Ein Verwalter hat für Pflichtverletzungen einzustehen, die ein von ihm beauftragter Fachmann bei der Erfüllung insolvenzspezifischer Pflichten begeht. Solche Pflichtverletzungen werden dem Verwalter nach § 278 BGB zugerechnet, so dass er sie in gleichem Umfang zu vertreten hat wie eigenes Verschulden. Damit hat der BGH eine Vorschrift aus dem allgemeinen Schuldrecht herangezogen, die immer dann greift, wenn sich jemand zur Erfüllung seiner Pflichten eines anderen (sog. Erfüllungsgehilfe) bedient. Im konkreten Fall war dieser Erfüllungsgehilfe ein Rechtsanwalt, den der Insolvenzverwalter mit der Durchsetzung einer zur Masse gehörenden Forderung beauftragt hatte und dem dabei ein vorwerfbarer Fehler unterlaufen war.

Schutz vor zu weitgehender Haftung genießen Insolvenzverwalter bei Einschaltung Dritter weiterhin dann, wenn es sich bei diesen Dritten (i) um Angestellte des Insolvenzschuldners handelt, (ii) die der Verwalter zur Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzen muss und (iii) die nicht offensichtlich ungeeignet sind (vgl. § 60 Abs. 2 InsO).

Praxisfolgen

Insolvenzverwalter werden künftig nicht nur bei der Beauftragung externer Fachleute noch strengere Maßstäbe anlegen, sondern auch zu einer stärkeren Überwachung dieser Personen übergehen müssen. Zudem werden die Gläubiger und ihre Vertretungsorgane (Gläubigerausschüsse und Gläubigerversammlungen) noch genauer den Blick darauf richten, ob der eingesetzte Insolvenzverwalter seiner Pflicht zur bestmöglichen Erhaltung und Verwertung der Insolvenzmasse mit der gebotenen Sorgfalt nachkommt.

Dr. Oliver Rossbach