8. Februar 2016 | Stephan R. Göthel

Hamburg ist eine der wichtigsten deutschen Städte für Start-ups und damit auch für die Digitalbranche. Nicht nur zum Leben wegen Alster, Elbe und Hafen. Wir haben auch eine hohe Wirtschaftskraft und breite Wirtschaftsstruktur. In bundesweiten Umfragen unter Gründern belegt die Hansestadt daher zu Recht einen der vordersten Plätze und wird für ihre guten Bedingungen gelobt. Ein Studie von EY zeigt aber, dass von den in Hamburg ansässigen Gründern nur 24% die Rahmenbedingungen in ihrer Stadt als „gut“ einschätzen, 23% meinen „eher gut“ und sogar knapp über die Hälfte (53%) kommt zu dem Ergebnis „eher schlecht“ oder „schlecht“. Die Zahlen für Berlin sehen ganz anders aus: Hier urteilt knapp über die Hälfte mit „gut“. Es gibt also doch etwas zu tun für Hamburg!

Was könnte das sein? In Berlin gibt es beispielsweise den Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg (BPW), Deutschlands größte regionale Existenzgründungsinitiative. Seit 20 Jahren unterstützt der BPW Gründerinnen und Gründer bei der Erstellung eines Geschäftskonzepts und fördert so Unternehmensgründungen. Organisatoren sind die Investitionsbank Berlin, die Investitionsbank des Landes Brandenburg und die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg. Ziel ist es, Gründer mit praxisorientierten und kostenlosen Angeboten zu helfen, aus ihrer Geschäftsidee ein tragfähiges Geschäftskonzept zu entwickeln und ein erfolgreiches Unternehmen zu gründen. Angeboten wird die Wissensvermittlung durch Seminare, die individuelle Beratung bei Einzelfragen und die Nutzung des BPW-Netzwerks, bestehend aus potentiellen Investoren, Gründungspartnern und Kunden. Daneben gibt es einen jährlichen Wettbewerb, bei dem ehrenamtliche Juroren Businesspläne der Teilnehmer prüfen und bewerten. Die Siegerteams erhalten Preisgelder.

Was lässt sich daraus für Hamburg entwickeln? Spannende und erfolgreiche Wettbewerbe hat die Hansestadt ebenfalls, wie etwa die im letzten Jahr gestarteten Hamburg Innovation Awards. Ein weiterer entscheidender Baustein für Start-ups wäre jedoch der Zugang zu etablierten Netzwerken von Unternehmern und Unternehmen, Investoren, Beratern und Wissenschaftlern. Junge Gründer brauchen immer wieder erfahrene Ansprechpartner, die bereit sind, ehrenamtlich ihre Erfahrungen zu teilen und damit zu helfen, Hindernisse auf dem Gründungsweg wegzuräumen. Solche Kontakte können zwar punktuell auch im Rahmen eines Wettbewerbs entstehen. Hilfreicher ist aber eine kontinuierliche Beratung während der Start-up-Phase. Daher sollte ein Coaching-Netzwerk mit solchen erfahrenen Personen geschaffen werden, und zwar unter Einbindung der schon bestehenden Institutionen und Initiativen wie der Hamburgischen Investitions- und Förderbank, nextMedia.Hamburg und den Hamburger Hochschulen. Ganz wichtiger Teil sollten aber vor allem die zahlreichen Unternehmensverbände sein, die das Wirtschaftsleben in unserer Stadt prägen und vernetzen, wie beispielsweise der Wirtschaftsrat Deutschland, Die Familienunternehmer (ASU), der Industrieverband Hamburg (IVH) und der Bundesverband mittelständische Wirtschaft, aber ebenso die Handelskammer Hamburg. Zumal auch deren Mitglieder von einem Coaching-Netzwerk profitieren würden. Es würde ihnen einen leichten Zugang zur Start-up-Szene und damit zu innovativen Köpfen und Ideen der Digitalwirtschaft verschaffen. Daraus könnten sich Kooperationen zwischen der Old und New Economy entwickeln (Open Innovation), mit deren Hilfe die etablierten Unternehmen ihre Geschäftsmodelle an die unaufhaltsame digitale Revolution anpassen könnten.

Die Schaffung eines Coaching-Netzwerks mit ehrenamtlichen Beratern für Start-ups wäre also für alle Beteiligten von großem Vorteil. Nicht zuletzt auch für die Stadt Hamburg, die damit als Start-up-Standort und Standort der Digitalbranche einen wichtigen Schritt nach vorne machen könnte!