19. September 2016 |

Seit jeher nimmt der oftmals familiengeführte deutsche Mittelstand eine zentrale Rolle in sämtlichen Sparten der deutschen Wirtschaft ein. Daher nimmt die Frage der Unternehmensnachfolge hierzulande nicht zuletzt in volkswirtschaftlicher Hinsicht eine überragende Bedeutung ein. Schätzungen zufolge gehen jährlich ca. 27.000 Unternehmen auf einen Nachfolger über. Sei es im Wege einer „geregelten“ Unternehmensübergabe, sei es unvorbereitet insbesondere infolge eines Erbfalls.

Der unvorbereitete Übergang kann fatale Folgen für das Unternehmen und die involvierten Familienmitglieder haben. Oftmals mündet er in Zwistigkeiten innerhalb der Familie, welche nicht selten zum Verkauf des Unternehmens führen. Damit wird deutlich, dass die Unternehmensnachfolge für eine Vielzahl von Familienunternehmen ein existenzielles Anliegen darstellt. Das komplexe Thema bedarf einer gründlichen Vorbereitung und Auseinandersetzung und sollte rechtzeitig in Angriff genommen werden, um die Fortführung eines Lebenswerkes bzw. das mehrerer Generationen sicherzustellen.

Daher ist es der übergebenden Generation sehr zu empfehlen, die Nachfolge zu Lebzeiten zu regeln, auch wenn die damit verbundenen Herausforderungen groß sind. Nicht zuletzt, weil oftmals einzelne Familienmitglieder enttäuscht werden, insbesondere wenn bei der Frage, wer das Unternehmen fortführen soll, eine Auswahl zwischen mehreren Kandidaten innerhalb einer Familie zu treffen ist. Die Emotionen, die bei Familienangelegenheiten immer eine besonders große Rolle spielen, erhöhen die ohnehin große Brisanz. Dennoch lohnt es sich für den übergebenden Unternehmer diesen für ihn unbequemen Weg zu gehen. Die Regelung der Nachfolge sollte nicht der Nachfolgegeneration überlassen werden. Auch um sicherzustellen, dass das Unternehmen in Familienhand bleibt.

Wie kann also die übergebende Generation am besten eine Nachfolgeregelung umsetzen? Fest steht, dass es hierauf keine allgemeingültige Antwort gibt. Zu unterschiedlich sind die Konstellationen. Jeder Einzelfall ist anders. Ganz zentral ist allerdings folgender rechtlicher Aspekt: Eine Regelung der Unternehmensnachfolge in einem Testament oder auch in einem Erbvertrag läuft Gefahr, ins Leere zu laufen. Denn das Gesellschaftsrecht genießt gegenüber dem Erbrecht grundsätzlich den Vorrang.

Widerspricht also eine erbrechtliche Regelung dem Gesellschaftsvertrag oder, wenn dort keine Regelung vorhanden ist, dem Gesetz, so besteht das Risiko, dass die erbrechtliche Regelung unwirksam ist. Damit ist die Regelung zur Unternehmensnachfolge gescheitert. Ein sehr drastisches Beispiel für ein solches Scheitern ist bei offenen Handelsgesellschaften sichtbar. Hier können Anteile nur dann vererbt werden, wenn dies der Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorsieht. Enthält der Gesellschaftsvertrag keine Regelung, so führt der Erbfall dazu, dass die Erben lediglich einen Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft haben. Den Status als Gesellschafter erhalten sie nicht. Eine erbrechtliche Regelung ohne gleichzeitig den Gesellschaftsvertrag anzupassen kann also nicht verhindern, dass die Familie aus der Gesellschaft ausscheidet.

Als Faustformel gilt also: Die übergebende Generation sollte sich mit den Mitgesellschaftern zusammensetzen und eine gesellschaftsvertragliche Regelung zur Nachfolge treffen. Details können ggf. noch in einer gesonderten Gesellschaftervereinbarung zwischen den Gesellschaftern vereinbart werden. Hierbei wird auf sogenannte „Nachfolgeklauseln“ in den Gesellschaftsverträgen zurückgegriffen, nach denen Erben im Erbfall anstelle des Erblassers automatisch Gesellschafter werden. Werden einzelne Erben begünstigt und bleiben andere Erben außen vor, so erwachsen letzteren daraus keine gesellschaftsrechtlichen Abfindungsansprüche. Allerdings entstehen bei Unterschreiten der Erbquote einzelner Erben erbrechtliche Ausgleichsansprüche gegen die Erben, denen durch die Nachfolgeklausel die Gesellschafterstellung zugewiesen worden ist. Auch hier gilt es für die übergebende Generation schon frühzeitig das Vermögen so zu ordnen, dass eine Aufteilung der Unternehmensanteile ermöglicht wird, ohne Abfindungsansprüche auszulösen, die die fortführenden Erben nicht erfüllen können, ohne dass das Unternehmen verkauft werden muss.

Die übergebende Generation sollte also dringend darauf achten, dass bei der Nachfolgeregelung ein Gleichlauf zwischen erb- und gesellschaftsrechtlichen Regelungen geschaffen wird. Hierbei ist eine Abstimmung mit den anderen Gesellschaftern notwendig, da die gesellschaftsrechtlichen Regelungen ggf. entsprechend geändert werden müssen. Zudem sollten das Nachfolgekonzept des Erblassers mit den Erben gemeinsam besprochen werden, um etwaigen Streitigkeiten vorzubeugen.

Das erb- und gesellschaftsrechtliche Spannungsfeld wird aktuell noch ergänzt durch steuerliche Implikationen. Obschon der Bundesrat jüngst die zuvor vom Bundestag verabschiedete Erbschaftssteuerreform durch die Anrufung des Vermittlungsausschusses vorläufig gestoppt hat, ist zu befürchten, dass die Übertragung von Unternehmen auf die nächste Generation künftig stärker als herkömmlich besteuert wird. Insbesondere große Unternehmensbeteiligungen könnten von einer solchen Steuerreform massiv betroffen sein. Die diesbezügliche Entwicklung gilt es bei der Planung der Unternehmensnachfolge in besonderem Maße zu berücksichtigen.